Wien Holding News
Nachruf auf Jenö Eisenberger
Das Jüdische Museum Wien, ein Museum der Wien Holding, trauert um den Kunstsammler und Supermarktgründer Jenö Eisenberger. Zahlreiche Judaica, die der 94-Jährige besaß, wurden auch im Jüdischen Museum Wien ausgestellt und in der permanenten Ausstellung befindet sich eine Dauerleihgabe der Sammlung Eisenberger.
Der Kunstsammler und Supermarktgründer verstarb am 14. August mit 94 Jahren.
Biografie
Jenö Eisenberger kam 1922 im ungarischen Sátoraljaújhely in einer wohlhabenden jüdisch-orthodoxen Familie zur Welt. Sein Leben könnte in mehreren abendfüllenden Filmen erzählt werden: Während sein Vater und fünf seiner neun Geschwister in der Schoa ermordet wurden, gelang es ihm, mit falschen Papieren in Budapest zu überleben. Nach dem Krieg eröffnete er einen Textilhandel in Budapest, übergab diesen 1947 seinem Bruder, um von 1947 bis 1949 als einfacher Soldat für den jüdischen Staat zu kämpfen. Weil er nicht zurück nach Budapest konnte, landete er 1949 in Wien, wo er sich bald kaufmännisch, u.a. am Naschmarkt engagierte. Als er 1960 seine Schwester in Amerika besucht hatte, lernte er das Prinzip der Supermärkte kennen. 1961 eröffnete er in Österreich den ersten Selbstbedienungsladen, zuerst entstand die Kette Löwa, dann der Großsupermarkt Pampam.
Lebensmittelhändler und Kunstsammler
Eisenberger bleib stets bescheiden: "Ich war, und - ich glaube, es bleibt dabei - ich bin ein kleinbürgerlicher Lebensmittelhändler," erzählte er 2010 Andrea Schurian. Im Centropa-Interview erinnerte er sich 2003: "Eigentlich bin ich Analphabet. Dass ich schreiben kann, das ist ein Zufall. Aber man muss zugeben, dass mir in Menschenkenntnis eine Professur zustehen würde. In 36 Jahren habe ich mit 2.000 Leuten gearbeitet. Ich musste immer deshalb einen neuen Laden aufmachen, weil von mir niemals ein Mitarbeiter weggegangen ist.“ Dass Eisenberger Kunst sammeln begann, hat er seiner in Bratislava geborenen Frau Vera zu verdanken, die er in Israel kennen lernte und 1964 heiratete. Sie führte ihn in die Malerei ein, wobei ihn besonders die Kunst aus Wien um 1900 zu interessieren begann. Die Sammlungsmaxime des Ehepaars Vera und Jenö Eisenberger lautete bald: "Wir sammeln Österreich“.
Eisenberger und das Jüdische Museum Wien
In der aus rund 1500 Objekten bestehenden Sammlung befinden sich auch zahlreiche Judaica, die das Jüdische Museum Wien im Jahr 2000 unter dem Titel "möcht’ ich ein Österreicher sein. Judaica aus der Sammlung Eisenberger“ ausstellte. Jenö Eisenberger blieb mit dem Museum in enger Verbindung. In der permanenten Ausstellung befindet sich eine Dauerleihgabe der Sammlung Eisenberger, die 1921, also knapp vor Jenö Eisenbergers Geburt entstand und wie kein anderes Zeugnis die ausgehende Epoche von Wien um 1900 einfängt: Anna Mahler, porträtiert von ihrer Kurzzeit-Schwiegermutter Broncia Koller-Pinell.
Jenö Eisenberger und seine bereits 2000 verstorbene Frau Vera zählen zu jenen Persönlichkeiten, die Wien nach 1945 wieder Leben eingeimpft haben. Mit ihrem Blick von außen, ihrer Energie, ihrem Humanismus und Optimismus haben sie Wien in kultureller, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht bunter, reicher und lebenswerter gemacht.
Weitere Informationen:
Jüdisches Museum Wien
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